Sieben Irrtümer über Reinzeichnung

Reinzeichnung ist nicht gerade Eve­ry­bo­dy’s Dar­ling. Vielleicht gibt es daher einige Ungereimtheiten, die auch gerne ins Feld gefügt werden, um das Kreative vom Handwerklichen abzugrenzen. Es wird Zeit, ein paar Irrtümer aus der Welt zu schaffen.

1 | Reinzeichnung machen nur Reinzeichner*innen

Das ist vielleicht eine praktische Ansicht für diejenigen, die ungern Reinzeichnung machen, aber alle professionellen Kommunikationsdesigner*innen machen auch Reinzeichnung. Bereits beim Anlegen einer Datei ist grundsätzliches Wissen über Produktion notwendig. Je besser das Fachwissen und die Anwendung der Designer*innen, desto überflüssiger wird Reinzeichnung als separater Arbeitsschritt.

2 | Reinzeichnung kommt zum Schluss

Das ist zwar eine übliche aber nicht unbedingt effiziente Vorstellung. Gerade bei komplexen und längeren Projekten bedeutet dies unnötigen Mehraufwand. Durch Erstellung von Formatvorlagen und Templates kann einfacher und schneller auf Änderungen im Gestaltungsprozess reagiert werden. Bereits im Entstehungsprozess wird so eine höhere Qualitätsstufe in der Ausführung erreicht. Die finale Fertigstellung wird erleichtert und beschleunigt.

3 | Reinzeichnung kann zaubern

Nein, kann sie leider nicht. Das 10 KB große Ausgangsbild würde auch nach der Reinzeichnung auf der fünf Meter breiten Wand schlecht aussehen. Interpolation hat ihre Grenzen. Das Ausgangsmaterial gibt vor, was Reinzeichnung leisten kann. Viel ist möglich, aber Zaubern ist eher in der Hogwarts-Schule zu Hause.

4 | Reinzeichnung ist kompliziert

Reinzeichnung ist eine Kombination aus Wissen, Handwerk und Erfahrung. Wenn ein Grundverständnis vorhanden ist, kann es losgehen. Es gibt Regeln. Die kann man lernen. Alles andere ist durch Interesse und Kommunikation erweiterbar.

5 | Reinzeichnung ist langweilig

Klar, es geht dabei nicht so sehr um das kreative Entwickeln und Entwerfen sondern um die Fertigstellung. Ziel ist das beste Ergebnis. Eine gute Idee braucht eine gute Umsetzung. Daher ist Reinzeichnung so wichtig. Die Zufriedenheit nährt sich aus dem eigenen Anspruch und der Identifikation mit dem Projekt. Wer kein Qualitätsbewusstsein hat, wird auch keine Freude bei der Produktionsvorbereitung empfinden. Wer Perfektion mag, wird auch Reinzeichnung schätzen (lernen).

6 | Reinzeichnung ist nichts für Kreative

Keinem Maler würde man die Kreativität absprechen, weil er Maltechniken beherrscht. Genauso wie kein*e Grafiker*in die Benutzung und Handhabung von Programmen als Notwendigkeit des Schaffensprozesses in Frage stellt. Reinzeichnung ist Handwerk – die Kunst der Umsetzung. Kreativität ist davon losgelöst. Sie ist vorhanden – oder nicht.

7 | Reinzeichnung ist teuer

Das ist etwas kurzsichtig betrachtet. Reinzeichnung ist Qualitätsarbeit und vom Stundensatz wohlmöglich teurer als übliches Grafikdesign. Richtig teuer wird es aber erst, wenn die Reinzeichnung aufgrund der schlechten Qualität im Vorlauf auf wenig oder gar nichts zurückgreifen kann und alles neu anlegen muss. Oder wenn es mangels Reinzeichnung zu Neuproduktionen aufgrund unberichtigter Fehlern kommt. Je besser die Ausgangssituation, desto weniger Aufwand muss betrieben werden. Die Kosten für Reinzeichnung müssen also immer in Relation zum gesamten Projektverlauf gesehen werden.